Sind Piercings und Tattoos im Islam erlaubt?

Die Islamgelehrten haben unterschiedliche Rechtsauffassungen zu Piercings und Tattoos, wobei die Mehrheit beides jedoch eher ablehnt.
Die meisten Gelehrten halten solche Eingriffe am menschlichen Körper, vor allem wenn sie unumkehrbar sind, für unzulässig, da sie eine Zerstörung der göttlichen Schöpfung seien. Den Gedanken, ein Piercing oder ein Tattoo würde den Menschen verschönern, betrachten sie als anmaßend, denn die göttliche Schöpfung sei nicht durch den Menschen zu übertreffen. Schmerzen sollten dem menschlichen Körper nur dann zugefügt werden, wenn es sich nicht vermeiden ließe, also zum Beispiel beim Arzt. Der Körper sei eine Leihgabe von Gott, die man ihm unversehrt zurückgeben müsse. Ausnahmen bildeten hier nur die männliche Beschneidung, die eine religiöse Pflicht darstelle, sowie medizinische Operationen.
Die Ohren sind eine Körperstelle, an der einige Gelehrte Piercings erlauben. In den Überlieferungen der Taten und Aussprüche des Propheten (Sunna) zeigt sich, dass die Frauen Muhammads durchaus Ohrringe trugen – und wenn er es bei ihnen tolerierte, so dürfen auch heutige Musliminnen sich die Ohren durchstechen und mit Schmuck versehen, so die Argumentation mancher Gelehrter. Einige halten ein Nasenpiercing auch noch für okay, Piercings an anderen Körperstellen lehnen die meisten Gelehrten jedoch als unsinnig, nutzlos und verstümmelnd ab.
Es gibt aber auch einige wenige Gelehrte, die hierzu eine andere Meinung haben. Sie finden Schmuck auch an anderen Körperstellen in Ordnung, da er nach ihrem Empfinden die Schönheit einer Frau unterstreicht. Da das Durchstechen der Ohren vom Propheten toleriert wurde, ziehen sie heute daraus den Schluss, dass dies auch für Nase, Augenbraue oder Bauchnabel gilt. Man findet allerdings kaum Gelehrte, die Piercings an ungewöhnlicheren Stellen wie beispielsweise in der Zunge oder an den Schamlippen befürworten.
Tätowierungen betrachten fast alle Islamgelehrten als haram (arabisch: verboten), da es einen sehr eindeutigen Ausspruch des Propheten Muhammad gibt, nach dem er tätowierte Menschen nicht hat leiden können. Einige Gelehrte empfinden tätowierte Körperstellen als auf immer verunreinigt, d.h. trotz Waschung geht ihrer Meinung nach jede tätowierte Muslimin oder jeder tätowierte Muslim unsauber zum Gebet. In einigen Punkten sind sich alle Gelehrten einig: Schmuck steht allein Frauen zu, Männer dürfen sich also nicht piercen, da sie so die Frauen nachahmen würden, was als widernatürlich empfunden wird. Ein Durchstechen der Ohren ist einer Muslimin nur dann erlaubt, wenn sie dabei auf gar keinen Fall gesundheitliche Probleme zu befürchten hat. Wenn eine Frau Piercings oder Tätowierungen an Körperstellen hat, die üblicherweise durch Kleidung verdeckt sind, dann darf dieser Körperschmuck nur vom Ehemann oder männlichen Verwandten betrachtet werden.

(Stand: 30. September 2014)


 

Schließen