Verändert sich etwas in einem, wenn man den Koran ganz durchgelesen hat?

Eigentlich verändert einen jedes Buch: Man hat einen literarischen Genuss erlebt, man hat Neues gelernt, man fühlt sich motiviert, ein Thema weiter zu verfolgen oder etwas im eigenen Leben zu verändern, vielleicht hat man sich aber auch ganz schrecklich gelangweilt oder geärgert. Ganz kalt lassen einen die wenigsten Bücher.
Den Koran einmal durchlesen – das hört sich leichter an, als es ist. Denn das 1400 Jahre alte, in Reimen abgefasste Arabisch ist äußerst schwierig zu verstehen, auch für Muttersprachler/innen. Es gibt daher eine jahrhundertealte Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, den Koran zu analysieren und zu interpretieren. Viele Passagen sind mehrdeutig oder widersprüchlich, zudem handelt es sich nicht um eine zusammenhängende Geschichte, sondern um eine Aneinanderreihung von Erzählungen, Lobpreisungen und Geboten.
Gläubige Muslime empfinden das Arabisch des Korans als so schön, dass es ihrer Meinung nach nicht von einem Menschen, sondern nur von Gott stammen kann. Sie sind zutiefst bewegt, wenn sie das ihrer Ansicht nach wahrhaftige göttliche Wort hören. Viele deutsche Übersetzer haben versucht, diesen einmaligen poetischen Stil nachzuahmen und gleichzeitig nah am Original zu bleiben sowie den Inhalt klar widerzugeben. Dies ist äußerst kompliziert und für den Lesenden, der des Arabischen nicht mächtig ist, auch nicht immer ein Genuss. So stolpert man immer wieder über Sätze und Passagen, die man selbst nach wiederholtem Lesen nicht wirklich begreift.
Daher bietet es sich eher an, sich mit einzelnen Themen des Islams zu beschäftigen und dann ausgewählte Stellen des Korans nachzulesen, zum Beispiel die Geschichten alter Propheten, das Wirken Muhammads, Beschreibungen des Paradieses, Erlaubtes und Verbotenes, die Stellung der Frau, das Verhältnis zu Nichtmuslimen und so weiter. So lässt sich einfacher die Position des Korans zu bestimmten Fragestellungen verstehen. Von der Schönheit der Sprache können deutsche Übersetzungen jedoch nur eine Ahnung geben.

(Stand: 25. August 2015)


 
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