Wer ist Muhammad?

Muhammad ist der Prophet des Islams und Anführer der frühen muslimischen Gemeinde auf der arabischen Halbinsel. Im Koran wird er als „Siegel der Propheten“ beschrieben, d.h. nach ihm wird es keinen weiteren Propheten mehr geben. Der von ihm gegründete Islam ist damit für Muslime die reinste und wahrhaftigste Religion. Muhammads Lebenswandel gilt als fehlerfrei und Muslimen ist er bis heute ein großes Vorbild.
Zwar ist Muhammad eine historische Gestalt, sein Leben und Wirken jedoch nur in wenigen literarischen Quellen beschrieben: im Koran, in der Sunna (Taten und Aussprüche des Propheten), in der Prophetenbiographie (arabisch: Sira) von Ibn Ishaq (gest. 767) in der Bearbeitung von Ibn Hischam (gest. 833), in muslimischen Eroberungsberichten und Chroniken sowie in genealogischen, biografischen und geografischen Werken. Aus diesen Quellen hat sich eine gängige islamwissenschaftliche Darstellung von Muhammads Leben herausgebildet.
Muhammads vollständiger Name lautet: Abu l-Qasim Muhammad ibn Abd Allah ibn Abd al-Muttalib ibn Haschim ibn Abd Manaf al-Quraischi. Sein Geburtsdatum ist umstritten, vermutlich wurde er um das Jahr 570 n. Chr. in Mekka geboren. Seine Familie gehörte der Sippe der Banu Haschim des Stammes Quraisch an.
Die Bewohner von Mekka glaubten damals an mehrere Göttinnen und Götter sowie Engel und Geister. Muslime nennen die vorislamische Zeit auf der arabischen Halbinsel heute „Zeit der Unwissenheit“ (arabisch: Dschahiliya). Aus dem früheren Hochgott (arabisch: al-Ilah; der Gott) wurde vermutlich später Allah, der eine Gott. In und um Mekka lebten auch einige Juden, Christen und Zoroastrier sowie vereinzelte Gottsuchende (arabisch: Hanif), die Muhammad offenbar sehr beeindruckten. Im Zentrum Mekkas stand schon damals die heilige Kaaba (arabisch: Würfel), zu der Gläubige aus der ganzen Umgebung Pilgerreisen unternahmen, um den dort wohnenden Gott Hubal, die Göttinnen al-Lat, Manat und Uzza sowie den Hochgott Allah zu verehren. Durch die vielen Besucher besaß Mekka auch eine gewisse Bedeutung als Handelsstadt.
Der Vater Abd Allah starb noch vor Muhammads Geburt. Die ersten zwei Jahre zog ihn eine Amme auf. Als Muhammad sechs Jahre alt war starb auch seine Mutter Amina, der Großvater Abd al-Muttalib kümmerte sich von nun an, bis auch dieser starb. Danach lebte Muhammad bei seinem väterlichen Onkel Abu Talib, der Händler war.
Muhammad arbeitete in jungen Jahren als Schafhirte, danach erlernte er den Beruf des Händlers. Seine Chefin, die deutlich ältere, wohlhabende Kauffrau Khadidscha, bot ihm die Heirat an. Durch Khadidscha gelangte Muhammad zu finanzieller und sozialer Absicherung. Im Laufe seines Lebens heiratete er vermutlich noch neun weitere Frauen, die jüngste von ihnen mit wohl erst neun Jahren war Aischa. Von seinen vielen Kindern starben die meisten noch vor dem Erreichen des Erwachsenenalters, allein die Nachkommen von Fatima, eine Tochter aus der Ehe mit Khadidscha, bildeten eine Dynastie nach dem Propheten.
Als Muhammad etwa vierzig Jahre alt war, hatte er in der Nacht vom 26. auf den 27. Ramadan (arabisch: Lailat al-Qadr) vermutlich im Jahr 610 n. Chr. ein erstes Offenbarungserlebnis. Muhammad hatte sich in die Wüste zu Buße und Einkehr zurückgezogen. Ihm erschien der Erzengel Gabriel (arabisch: Dschibril), der ihm die ersten Worte des Korans überbrachte: „Trag vor im Namen deines Herrn, der erschaffen hat, den Menschen erschaffen aus einem Klumpen! Trag vor! (…)“ (Sure 96, Verse 1-3). Voller Angst flüchtete Muhammad sich zu Khadidscha, die ihn jedoch beruhigte und bestärkte. Sie glaubte sofort an seine Botschaft und gilt daher als erste Muslimin.
Bis zu seinem Tode empfing Muhammad in unregelmäßigen Abständen den Koran. Er wurde immer sicherer, eine wichtige Nachricht für die Menschen zu haben und begann, öffentlich zu predigen und um Anhänger zu werben. Zunächst waren die Mekkaner eher desinteressiert und belächelten Muhammad auch. Als er jedoch vermehrt zum Monotheismus (Eingottglaube) aufrief, zeigten sie sich verärgert, denn dieser griff die traditionelle Lebensform an und bedrohte Mekkas Stellung als Wallfahrts- und Handelszentrum. Im Jahr 615 flohen einige Anhänger Muhammads in einer sogenannten ersten Hidschra (arabisch: Auswanderung, Flucht) nach Äthiopien.
Vermutlich 619 n. Chr. starben Muhammads wichtigste Beschützer: sein Onkel Abu Talib und seine Frau Khadidscha. 622 n. Chr. verschärfte sich die Lage so sehr, dass Muhammad und 70 seiner Anhänger nach Yathrib, dem späteren Medina (arabisch: Madinat an-Nabi; die Stadt des Propheten), wo bereits mehrere Einwohner zum Islam übergetreten waren, flohen. Diese Hidschra kennzeichnet den Beginn der islamischen Zeitrechnung.
Die Bewohner von Yathrib waren tief zerstritten und begrüßten Muhammads Ankunft: Er wirkte als Schiedsrichter, übernahm politische und militärische Aufgaben und entwickelte das Muster einer islamischen Gesellschaft: Die „Gemeindeordnung von Medina“ schloss die Muslime mit heidnischen und jüdischen Clans in einer politischen Schutz- und Solidargemeinschaft (arabisch: Umma) unter Führung Muhammads zusammen. Dabei sollte jeder frei seine Religion ausüben dürfen. In der Realität wurde dieses Bündnis jedoch bald brüchig, denn die Juden anerkannten Muhammad nicht als Propheten. Muhammad propagierte den Islam daraufhin noch stärker als Erneuerung der ursprünglichen monotheistischen „Religion Abrahams" und wertete damit Juden- und Christentum als verfälschte Versionen der reinen Offenbarungsreligion ab. Ein deutliches Zeichen für die vorherige Anerkennung des Judentums und den späteren Bruch ist die Änderung der Gebetsrichtung (arabisch: Qibla) von Jerusalem mit der Klagemauer nach Mekka mit der Kaaba als Heiligtum.
Muhammad verfolgte seine Ziele nun immer radikaler. So führte er mehrere Kriege gegen Mekka und abtrünnige Stämme und ließ Juden und Heiden vertreiben oder sogar ermorden. Die Stämme, die mit den Muslimen Verträge schlossen und formal Muslime wurden, standen unter Muhammads Schutz. 628 n. Chr. schloss auch Mekka mit Muhammad einen Waffenstillstandsvertrag und ein Jahr später konnte er die erste muslimische Pilgerreise (arabisch: Hadsch) zur Kaaba machen. 630 n. Chr. nahmen die Muslime Mekka fast ohne Blutvergießen ein. Kurz vor seinem Tod am 8. Juni 632 unternahm Muhammad seinen letzten Pilgerbesuch an der Kaaba. Diese hatte er zuvor von allen Spuren des alten mekkanischen Glaubens gereinigt. Damit war die Kaaba nun das größte Heiligtum des Islams. Die sogenannte Abschiedswallfahrt Muhammads bildete das Muster für alle heute von Muslimen ausgeübte Pilgerreisen nach Mekka. Viele besuchen nach dem Haddsch auch sein Grab in der „Prophetenmoschee“ in Medina.
Muhammads Tod hat seine Anhänger zutiefst erschüttert. Er hinterließ eine neue Religion, eine neue Gesellschaftsordnung und ein neues Herrschaftsgebiet. Mit Schrecken mussten die Muslime mit ansehen, wie all dies kurz nach seinem Tod bereits zerfiel. In den letzten Jahren hatte Muhammad auf der gesamten arabischen Halbinsel Kriege geführt und Stämme zur formalen Annahme des Islams gezwungen. Muslim werden hieß damals jedoch nur, Muhammad als politischen Herrscher anzuerkennen, nicht tatsächlich an den einen Gott, Muhammads Prophetenschaft und den Koran als heilige Schrift zu glauben. Nach Muhammads Tod fielen die meisten schnell wieder vom Islam ab. Zudem entbrannte ein heftiger Streit um Muhammads Nachfolge, der die muslimischen Gemeinde bis in die heutige Zeit prägt – aus diesem Grunde gibt es Sunniten, Schiiten und andere Glaubensgruppen im Islam. Die frühe muslimische Gemeinde geriet ohne ihren Propheten in eine existentielle Krise. Dass dennoch nur rund hundert Jahre nach Muhammads Tod ein großes islamisches Reich entstehen konnte und der Islam heute rund 1,6 Milliarden Anhänger aufweist, erklären Muslime mit der Kraft und Schönheit der Botschaft Muhammads.

(Stand: 27. August 2015)


 
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