Wie oft beten Muslime?

Das rituelle Gebet (arabisch: Salat) zählt zu den sogenannten Fünf Säulen des Islams und ist eine der wichtigsten religiösen Pflichten von Muslimen. Fünf Mal am Tag sollen sich die Gläubigen in Richtung der heiligen Kaaba (arabisch: Würfel) in Mekka verneigen und somit Gott und dem Propheten Muhammad gedenken.
Wie regelmäßig Muslime in der ganzen Welt beten, ist nicht zu beantworten, denn hierzu gibt es keine Statistiken. Die Studie „Muslimisches Leben in Deutschland“, die im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz 2009 angefertigt wurde, hat jedoch gezeigt, dass 42 Prozent aller Sunniten und 31 Prozent aller Schiiten in Deutschland angeben, täglich zu beten. Die Zahl derjenigen, die nie oder nur selten beten, ist etwa ähnlich groß. Menschen, die selbst oder deren Familien ursprünglich aus Nord- und Zentralafrika, dem Nahen Osten oder Südostasien stammen, beten sehr viel häufiger als Personen, deren Herkunftsregion in Südosteuropa und der Türkei liegt. Der Anteil der muslimischen Frauen (39 Prozent), die täglich beten, übersteigt den Anteil der muslimischen Männer (29 Prozent) deutlich.
Die alltäglichen Pflichtgebete laufen immer gleich ab. Wer sie alle wahrnimmt, vielleicht sogar in der Moschee, investiert sehr viel Zeit. In islamisch geprägten Ländern ruft der Muezzin mit einem Lautsprecher vom Minarett der Moschee den Gebetsruf (arabisch: Adhan). Dieser lautet folgendermaßen: 4 Mal „Allahu akbar“ (Gott ist am größten). 2 Mal „Aschhadu an la ilaha illa ʼllah“ (Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt). 2 Mal „Aschhadu anna Muhammadan rasulu ʼllah“ (Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Gottes ist). 2 Mal „Hayya ʽala s-salat“ (Kommt her zum Gebet). 2 Mal „Hayya ʽala al-falah“ (Kommt her zur Seligkeit). 2 Mal „Allahu akbar“ (Gott ist am größten). 1 Mal „La ilaha illa ʼllah“ (Es gibt keinen Gott außer Gott).
Die Gläubigen können das Gebet überall verrichten – in der Moschee, zu Hause, auf der Arbeit oder auch in einem Park. Wichtig ist, dass der Ort als rein empfunden wird, denn der Betende zieht sich zum Gebet die Schuhe aus und muss den Boden berühren, deshalb benutzen viele einen Gebetsteppich. Frauen, die im Alltag kein Kopftuch tragen, setzen zum Gebet häufig eines auf, um sich in einen bestimmten Weihezustand zu begeben.
Die Gebetszeiten sind terminlich genau festgelegt: in der Morgendämmerung, am Vormittag, am Mittag, am Nachmittag, bei Sonnenuntergang und am späten Abend. Ist der Gläubige aus schwerwiegenden Gründen am Gebet gehindert, kann er dieses auch zu einem späteren Zeitpunkt nachholen.
Vor dem Gebet wäscht sich der Betende auf eine im Koran beschriebene Art und Weise: „Ihr, die ihr glaubt, wenn ihr euch zum Gebet hinstellt, dann wascht euch Gesicht und Hände bis zu den Ellenbogen, streicht euch über den Kopf und wascht die Füße bis zu den Knöcheln!“ (Sure 5, Vers 6).
Der Ablauf des eigentlichen Gebets lässt sich in drei Teile gliedern: Zunächst stellt sich der Betende mit dem Gesicht in die Gebetsrichtung (arabisch: Qibla). Wenn in Gemeinschaft gebetet wird, rezitiert jetzt der Imam (arabisch: Vorbeter) erneut den Gebetsruf des Muezzins. Der Betende sagt anschließend, welches Gebet er jetzt zu verrichten beabsichtigt. Dies kann er auf Deutsch tun, alle anderen Gebets- und Korantexte werden auf Arabisch rezitiert. Er hebt die Arme bis zu den Ohren und sagt „Allahu akbar“. Anschließend spricht er ein kurzes Bittgebet.
Nun beginnt der zweite Teil des Gebets, der Rakʽa genannt wird. Je nach Gebetszeit wird folgender Ablauf unterschiedlich häufig wiederholt. Der Betende spricht die erste Sure des Korans (arabisch: al-Fatiha): „Im Namen Gottes, des Allerbarmenden und Barmherzigen. Das Lob gebührt Gott, dem Herrn aller Welt, dem Allerbarmenden und Barmherzigen, dem Herrscher am Tag des Gerichts. Dir dienen wir und dich bitten wir um Hilfe. Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen du Gnade schenkst, denen nicht gezürnt wird und die nicht irregehen!“ Er fügt anschließend weitere Koranverse an, die er selbst oder der Imam aussuchen. Dabei hat er die Hände zwischen Brust und Bauch verschränkt, die rechte Hand liegt auf dem linken Unterarm. Danach legt der Betende die Hände auf beide Knie und verbeugt sich tief. Der Betende richtet sich wieder auf, spricht „Gott erhört den, der ihn verehrt“, verweilt auch in dieser Haltung und fügt die Worte „Unser Herr, dir sei Ehre“ hinzu. Nun fällt der Betende auf die Knie und spricht erneut „Gott ist am größten“. Dann beugt er sich so zur Erde, dass Zehen, Knie, Handflächen und Stirn den Boden berühren. In dieser Position verharrt er und spricht drei Mal: „Lobpreis sei meinem Herren dem Größten“. Der Betende hockt sich aufrecht hin, legt die Hände auf die Oberschenkel und sagt „Allahu akbar“. Er wirft sich erneut mit den Worten „Mein Herr, vergib mir“ nieder. Nach Beendigung der letzten Rakʽa setzt sich der Betende gehockt hin, legt die Hände in den Schoß und spricht Grüße an Gott und den Propheten.
Im dritten und letzten Teil des Gebets rezitiert der Betende im Sitzen das islamische Glaubensbekenntnis (arabisch: Schahada) und sagt den Segensspruch für den Propheten: „Gott segne ihn und schenke ihm Heil!“ Er neigt seinen Kopf nach links und rechts und grüßt mit „as-salamu ʽalaykum“ (Der Friede sei mit euch).
Je nach Lehrrichtung des Islams gibt es noch eine Reihe von Extra-Gebeten, die zusätzlich zum Ritualgebet gesprochen werden können. Diese gelten als gute Tat und zeichnen ganz besonders gläubige Menschen aus. Oft wird hierbei eine Gebetskette (arabisch: Misbaha, türkisch: Tesbih) benutzt. Auch am Freitag, der den Muslimen – ähnlich wie der Samstag den Juden und der Sonntag den Christen – als heilig gilt, wird in der Moschee ausführlicher gebetet. Manche Muslime beten wie auch viele Christen nur an diesem einen Tag in der Woche zu Gott. An bestimmten Festtagen, im Fastenmonat Ramadan oder bei Beerdigungen werden weitere Gebete gesprochen – auch von Muslimen, die ansonsten nicht alltäglich beten.

(Stand: 30. Oktober 2015)


 

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