Wer fördert den Bau von Moscheen in Deutschland?

Der überwiegende Teil der rund 2.600 genutzten Moscheen in Deutschland befindet sich in wenig ansehnlichen Industrievierteln oder in Hinterhöfen von Großstädten. Dabei handelt es sich oft nur um kleine Räume, in die nicht viele Betende passen. Repräsentative Bauten mit prachtvollen Minaretten, wie man sie aus der islamischen Welt kennt, sind hierzulande noch eher die Seltenheit.
Die „Hinterhofmoscheen“ sind nicht nur für die Gläubigen keine würdigen Orte des Gebets. Manche Nichtmuslime betrachten sie mit einer Mischung aus Misstrauen, Bedauern und Spott. Die Deutsche Islam Konferenz empfiehlt daher eine Ausweitung des repräsentativen Moscheebaus, da dieser „ein wichtiger Schritt zur Integration des Islams in Deutschland“ sei. Eine große schöne Moschee symbolisiert den Wunsch von Muslimen, in Deutschland bleiben zu wollen und sichtbarer Bestandteil der Gesellschaft zu werden.
Doch dort, wo große Moscheen geplant und gebaut werden, kommt es häufig zu Protesten der nichtmuslimischen Nachbarschaft. In der Regel führen derartige Bürgerinitiativen nicht zu einem Baustop, denn das Recht auf Religionsfreiheit erlaubt allen Religionsgruppen in Deutschland die Errichtung von Gotteshäusern. Doch können die Bürgerinitiativen allgemein das Projekt erschweren, sei es durch eine Verzögerung des Baus oder ein schlechtes Ansehen der Gemeindemitglieder in der Öffentlichkeit.
Manchmal sind derartige Konflikte auch vermeidbar, wenn die kommunalen Behörden und die Bauherren offen über das Projekt sprechen und so der Bevölkerung Sorgen und Ängste nehmen. Denn oft ist es gar nicht die Moschee als solche, an der Kritik geübt wird, sondern Gerüchte über den Hintergrund des Trägers und Investors.
So gelten beispielsweise manche Moscheebauten als von Saudi-Arabien finanziert, das aufgrund seiner strengen wahhabitischen Lehre und diversen nachgesagten Verbindungen zu salafistischen und terroristischen Gruppierungen in aller Welt stark kritisiert wird. Der Verdacht sagt, dass Saudi-Arabien so versuche, in den neuen Moscheen Einfluss auf die deutschen Muslime zu nehmen und diese auf seine Ideologie einzuschwören, sprich zu radikalisieren. Die letzte Meldung vom September 2015, Saudi-Arabien plane den Bau von 200 Moscheen in Deutschland, um die Bundesrepublik so in der Flüchtlingskrise zu unterstützen, erwies sich jedoch als Zeitungsente. Dennoch gab es heftige Reaktionen von Politikern und Meinungsmachern auf diese Meldung, auch wenn Saudi-Arabien sofort dementierte.
In der Regel werden Moscheen allein von islamischen Vereinen und Verbänden finanziert. Hierfür sind meist mehrere Millionen Euro nötig, denn es müssen das Grundstück und die Steuern bezahlt sowie die eigentlichen Baukosten getragen, die Raumausstattung finanziert und die Räume in der Zukunft unterhalten werden. Um Geld zu sparen, werden oft bereits bestehende Gebäude umfunktioniert, so zum Beispiel die 2015 fertiggestellte Bait al-Wahid-Moschee in Hanau/Hessen der Ahmadiyya-Gemeinde, die zuvor einen Aldi-Markt beherbergte, oder die Al-Nour-Moschee des Islamischen Zentrums in Hamburg-Horn, die bis 2013 eine Kirche war.
Die meisten großen Neubauten wie die Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh (2008), die Mevlana-Moschee in Kassel-Oberzwehren (2014) oder die Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld (im Bau) werden von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) getragen. Die Gelder stammen aus Spenden der Gemeindemitglieder sowie aus Eigenmitteln der Organisation und damit vom türkischen Staat, denn die DITIB ist zwar ein deutscher Verein, untersteht jedoch dem staatlichen Präsidium für Religiöse Angelegenheiten der Türkei. Die Vermietung von Räumen an Geschäftsleute tragen weiterhin zur Deckung der Kosten bei. Ein gewisser Teil der laufenden Kosten, wie beispielsweise das Gehalt des Imams in der Moschee, wird vom Dachverband der DITIB getragen.
Auch die Ahmadiyya-Gemeinde baut regelmäßig Moscheen in Deutschland, beispielsweise die Khadija-Moschee in Berlin-Heinersdorf (2008), die aufgrund der Proteste einer Bürgerinitiative bundesweit bekannt wurde. Die Ahmadiyya bezahlt ihre Bauprojekte ebenfalls komplett aus Beiträgen und Spenden ihrer Mitglieder. Die Zentrale leitet die Gelder an einzelne Moscheebauprojekte in Deutschland weiter.
Wenn ein Muslim Geld für eine Moschee spendet, erwirbt er sich dadurch viel Ansehen – vor den anderen Muslimen, aber auch vor Gott. Eine Gemeinde kann sich glücklich schätzen, wenn sie reiche und spendable Mitglieder hat. Muslimische Gemeinden in Deutschland verfügen in der Regel nämlich über sehr wenig Geld. Da der Islam keine sogenannte Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, nimmt der Staat anders als bei den Kirchen keine Steuer für ihn ein, von der Bauprojekte finanziert werden könnten. Jede Gemeinde muss also über Jahre hinweg Spenden ihrer Mitglieder sammeln, und so dauert die Errichtung neuer Moscheen teils viele Jahre.
Selten investiert auch der deutsche Staat durch Gelder der Kommunen, der Länder und des Bundes in Moscheeprojekte. So kann es zu Schenkungen oder günstigen Veräußerungen von Baugrundstücken an die Gemeinde kommen. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützte mit 3,2 Millionen Euro eine in den Räumen der Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh untergebrachte Begegnungsstätte für den gesamten Stadtteil. Derartig Hilfen sind jedoch äußerst selten.
Angesichts dieser großen finanziellen Schwierigkeiten erscheint es verständlich, wenn die Gelder aus den reichen Golfstaaten locken. Länder wie Saudi-Arabien, Katar oder die Arabischen Emirate haben kein Problem, einige Millionen für eine Moschee in Deutschland abzuzweigen und bietet dies manchen muslimischen Gemeinden auch offensiv an. Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland lehnt jedoch die Politik sowie das Religionsverständnis dieser Staaten ab. Laut Eigenaussagen der Gemeinden und Forschungen von Islamwissenschaftlern gibt es nur sehr wenige Moscheebauprojekte, in denen saudisches Geld steckt. Die Unabhängigkeit wiegt also schwerer als der Luxus.

(Stand: 7. Januar 2016)


 

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