Wann werden Muslime beschnitten?

Die Beschneidung von Jungen gilt als ein wichtiger Teil der islamischen Religion. Die meisten Muslime weltweit sind beschnitten. Klare Regeln, wann die Abtrennung der Vorhaut stattzufinden hat, gibt es im Islam nicht. Viele muslimische Jungen werden im Alter von sieben bis zehn Jahren beschnitten. Einige Eltern entscheiden sich aber auch, den Eingriff bereits gleich nach der Geburt durchführen zu lassen.

Muslimische Familien feiern die Beschneidung oft mit einem großen Fest, denn sie markiert den Eintritt der Jungen in die Gemeinschaft. In der Türkei heißt das Beschneidungsfest „sünnet“. Der Junge ist an diesem Tag in ein aufwendiges Gewand gekleidet und bekommt Geschenke von den geladenen Gästen. Häufig handelt es sich dabei um eine große Feier, die vielen Familien auch die Gelegenheit bietet, sich selbst darzustellen und den eigenen Status in der Gesellschaft aufzuzeigen. Ärmere Familien, die sich ein teures Fest nicht leisten können, kann dieser Brauch unter Druck setzen.

Der Koran fordert die Beschneidung nicht. In den Berichten über das Leben und Wirken Muhammads – den sogenannten Hadithen – wird sie aber erwähnt. Einer Überlieferung zufolge kam der islamische Prophet bereits ohne Vorhaut zur Welt, anderen Berichten nach wurde er als Kind beschnitten.

Muslimische Gelehrte sind sich nicht einig in der Frage, ob die männliche Beschneidung eine Pflicht ist oder ob sie für Muslime nur empfehlenswert ist. So oder so spielt der Brauch aber eine wichtige Rolle. Umstritten bleibt allerdings die Frage, ob sich Konvertiten – Gläubige, die erst im fortgeschrittenen Alter zum Islam übertreten – beschneiden lassen müssen.

In den meisten Ländern ist die Beschneidung heute rechtlich erlaubt oder zumindest nicht eindeutig geregelt. In Deutschland gab es über das Thema vor einigen Jahren aber eine hitzige Debatte in den Medien und der Politik. Ein Gericht hatte die rituelle Beschneidung von Jungen zur Straftat erklärt. Die Richter waren der Meinung, dass sie das Kindeswohl verletze. Später erließ dann aber das Parlament – der Deutsche Bundestag in Berlin – ein Gesetz, das den Eingriff unter bestimmten Bedingungen legalisierte, also rechtlich erlaubte. Die Beschneidung hat dem Gesetz zufolge medizinische Mindestanforderungen zu erfüllen. Diese sind in dem Gesetztestext allerdings sehr uneindeutig formuliert, was Gegner der Beschneidung scharf kritisieren.

Nicht nur im Islam, auch in anderen Religionen und Kulturen ist die Beschneidung verbreitet. Jüdische Jungen werden sehr früh, an ihrem achten Lebenstag, beschnitten. Christen werden in der Regel nicht beschnitten, allerdings gibt es auch hier vereinzelt Kirchen, die die Beschneidung fordern. In den USA wird der Großteil aller Jungen beschnitten, was dort aber nicht in erster Linie religiöse, sondern vielmehr kulturelle und medizinische Gründe hat.

In vielen Ländern der Welt, vor allem auf dem afrikanischen Kontinent, gibt es auch eine Beschneidung von Mädchen. Dabei werden die Klitoris und die Schamlippen teilweise abgeschnitten oder ganz entfernt. Die sogenannte „weibliche Genitalverstümmelung“ stellt nach deutschem Recht eindeutig eine Straftat dar. Eltern, die ihre Töchter beschneiden lassen, müssen mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Befürworter dieser brutalen Praxis argumentieren meist mit der Tradition, teilweise aber auch mit dem Islam. Im Koran ist von der weiblichen Genitalbeschneidung nicht die Rede. Unter islamischen Gelehrten ist das Thema umstritten. Viele lehnen sie vehement ab. Es gibt aber auch Stimmen, die sie befürworten und dafür religiöse Argumente anführen.

(Stand: 3. September 2016)


 
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