Warum sind Islamisten in unserem Land?

In jedem Land, in dem Muslime leben, finden sich auch Islamisten. Bevor wir allerdings die Frage beantworten können, warum es diese in Deutschland gibt, müssen wir klären, was Islamisten eigentlich genau sind.

Als „Islamist(inn)en“ können muslimische Personen bezeichnet werden, die strenggläubig sind und versuchen, die gesellschaftliche und politische Ordnung nach ihren Vorstellungen von einer islamischen Ordnung umzugestalten. Für Islamist(inn)en ist Religion keine Privatangelegenheit; sie wollen auf der Grundlage ihrer religiösen Überzeugungen etwas verändern und gestalten.

Oft geht diese Einstellung einher mit einer fundamentalistischen Auffassung des Islams. „Fundamentalist(inn)en“ vernachlässigen viele Jahrhunderte islamisch-theologischer Entwicklungen und greifen direkt zu den islamischen Quellen – zum Koran und den Hadithen. Oftmals versuchen sie, diese Quellen wortwörtlich zu interpretieren.

Wer sich zudem stark an der Frühzeit des Islams orientiert und seine Religiosität etwa durch das Tragen bestimmter Kleidung sowie eines langen Barts zur Schau stellt, wird als „Salafist“ bezeichnet. „Salafist(inn)en“ sind also sowohl fundamentalistisch als auch islamistisch. Aber nicht jeder Islamist ist ein Salafist.

Bei all diesen Begriffen geht es jedoch um Zuschreibungen. Die meisten Islamisten, Fundamentalisten und Salafisten bezeichnen sich selbst schlicht als Muslime und Musliminnen. Die Grenzen zwischen den einzelnen Begriffen sind in der Praxis zudem sehr schwierig zu ziehen.

Aber nun zu der Frage, warum es Islamist(inn)en in Deutschland gibt! In den sechziger Jahren setzte mit den damals sogenannten Gastarbeitern die verstärkte Einwanderung von Muslim(inn)en nach Deutschland ein. Heute gehört der Islam wie andere Religionen auch zu Deutschland. Daher ist es zunächst nicht verwunderlich, dass unter den Einwanderern und ihren Nachkommen auch Personen mit islamistischer Einstellung waren und sind.

Einige von ihnen haben in Deutschland auch Organisationen gegründet, die als islamistisch eingestuft werden, z.B. die „Islamische Gemeinschaft in Deutschland e. V.“ (IGD), die der internationalen Bewegung der Muslimbrüder sehr nahe steht. Auch die „Islamische Gemeinschaft Millî Görüş“ (IGMG) wird als islamistisch bezeichnet, was allerdings umstritten ist. Millî Görüş ist stark türkisch geprägt und gilt als die derzeit einflussreichste islamische Organisation in Deutschland.

Aber nicht alle Islamist(inn)en sind eingewandert oder haben Eltern, die einmal eingewandert sind. Besonders der Bewegung des Salafismus schließen sich viele Konvertiten und Konvertitinnen an, also Personen, die zum Islam übergetreten sind.

Die Islamist(inn)en, über die wir bislang gesprochen haben, lehnen Gewalt in der Regel ab. Trotzdem können ihre Überzeugungen mit deutschem Recht oder auch mit in Deutschland weit verbreiteten Wertvorstellungen in Konflikt geraten. Es gibt aber auch „Dschihadisten“ und „Terroristen“ in Deutschland. Als „Dschihadist“ wird bezeichnet, wer den „Dschihad“ (arabisch: Anstrengung; heiliger Krieg) mit Gewalt führt. Zurzeit werden vor allem jene Muslime und Musliminnen als Dschihadisten bezeichnet, die sich im Irak und in Syrien radikalen Kriegsparteien anschließen und für einen islamischen Staat in der Region kämpfen.

Terroristen wiederum sind Personen, die mit Anschlägen versuchen, Angst und Schrecken zu verbreiten. Wer sich dabei auf den Islam beruft, ist ein islamistischer Terrorist. Dies ist wichtig zu betonen, da es ja auch anderen Terrorismus gibt, der mit dem Islam nichts zu tun.

Islamistische Terroristen haben in Deutschland noch keine größeren Anschläge wie etwa in Frankreich verübt. Es hat aber kleinere Gewalttaten und viele Anschlagsversuche gegeben. In jüngster Zeit sind Terroristen im Zuge der Flüchtlingsbewegung aus Syrien und dem Irak nach Deutschland gekommen. Dort sind islamistisch-terroristische Kriegsparteien sehr einflussreich. Die größte von ihnen – der sogenannte „Islamische Staat“ (auch IS genannt) – hat aber auch Einfluss auf Personen, die sich nicht in den von ihnen beherrschten Gebieten aufhalten. Im Internet werben die Dschihadisten des IS für ihre Sache und haben es auf diese Weise geschafft, Personen in Europa zu radikalisieren und dazu zu bewegen, Anschläge zu verüben.

(Stand: 3. November 2016)


 
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