Wie viele Feste feiern Muslime?

Muslime feiern im Jahr zwei Hauptfeste – das Fest des Fastenbrechens und das Opferfest. Da sich der islamische Kalender anders als der christliche nach dem Mond richtet, „wandern“ die Feste jedes Jahr um etwa elf Tage im in Deutschland gebräuchlichen Sonnenkalender nach vorne.

Die bedeutendste Zeit des Jahres ist für Muslime der Monat Ramadan, der 2016 vom 6. Juni bis 5. Juli dauert(e). Das Fasten im Ramadan zählt zu den „fünf Säulen des Islams“ und ist damit eine der Hauptpflichten von Musliminnen und Muslimen. Während der Fastenzeit verzichten die Gläubigen vom Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang auf Essen und Trinken und enthalten sich des Beischlafs mit dem/r Ehepartner/-in. Der Ramadan endet immer mit einem dreitägigen Fest, das auf Arabisch ‘Id al-Fitr heißt und auf Türkisch Ramazan Bayramı (auch Şeker Bayramı, „Zuckerfest“). Das ‘Id bzw. Bayram ist eines der höchsten Feste des Islams und insbesondere für Kinder eines der schönsten. In dieser Zeit besucht man Verwandte und Freunde, man beschenkt sich und feiert und isst zusammen.

Der höchste islamische Feiertag ist jedoch das Opferfest (arabisch: ‘Id al-Adhha). Es wird zum Höhepunkt der Hadsch gefeiert, der Wallfahrt nach Mekka, die jährlich im Monat Dhu al-Hidscha stattfindet; 2016 (ist) war das vom 12. bis 15. September. Das Opferfest folgt auf den „Tag von Arafat“, an dem die Pilgerinnen und Pilger in der Ebene von Arafat vor Mekka einen Tag lang Bittgebete zu Gott sprechen. Am nächsten Morgen wird ein Tier geschlachtet, um an den Propheten Abraham (arabisch: Ibrahim) zu erinnern, der nach biblischer und koranischer Überlieferung bereit war, seinen geliebten Sohn (Isma‘il im Koran, Isaak in der Bibel) Gott zu opfern. Im letzten Augenblick sandte Gott, nachdem er von Abrahams Gehorsam überzeugt war, einen Widder, damit dieser anstatt des Sohnes geopfert werde. Heute führen Muslime das Tieropfer durch, um den bedingungslosen Gehorsam des „ersten Muslims“ nachzuahmen und Gottes Barmherzigkeit zu erfahren. Besonders in den Großstädten und in der westlichen Welt spenden Muslime jedoch lieber einen Geldbetrag an gemeinnützige Organisationen anstatt ein Tier zu opfern.

Das Fest ʿAschuraʾ, benannt nach dem zehnten Tag des Monats Muharram, was im Jahr 2016 dem 11. Oktober entspricht, hat für die islamischen Glaubensrichtungen unterschiedliche Bedeutungen: Schiiten gedenken an diesem Tag der Schlacht von Kerbela (Irak) im Jahr 680, in der Husain, Sohn von Muhammads Cousin und Schwiegersohn Ali ibn Abi Talib und von den Schiiten als rechtmäßiger Nachfolger des Propheten (arabisch: Khalifa; Kalif) verehrt, als Märtyrer starb. Zu ʿAschuraʾ erzählt man sich die Geschichten Muhammads und seiner Weggefährten, spielt die Schlacht zwischen den Anhängern Alis und Husains gegen die später als Sunniten bekannte Gruppe nach und zieht in Trauerprozessionen durch die Straßen. Die Aleviten, die aus der schiitischen Glaubensrichtung im 13./14. Jahrhundert in der Türkei hervorgegangen sind, begehen ʿAschuraʾ heute als einen Feiertag nach einem zwölftägigen Fasten. Auch für Sunniten steht ʿAschuraʾ im Zusammenhang mit einem (freiwilligen) Fasten, welches aus Dankbarkeit für die Errettung Moses (arabisch: Musa) durch Gott während seiner Flucht aus Ägypten begangen wird.

Der Geburtstag des Propheten (arabisch: Maulid an-Nabi) wird nicht von allen Muslimen gefeiert. Manche glauben, es komme einer unzulässigen Vergöttlichung Muhammads gleich, wenn ihm zu Ehren ein großes Fest gefeiert würde. So machen es ja die Christen, die Jesus als Gott verehren, eine Vorstellung, die Muslime ablehnen. Muhammad soll am 12. Tag des Monats Rabiʿ al-Awwal geboren worden sein. Oft werden an diesem Tag die Moscheen erleuchtet und Geschichten aus dem Leben des Propheten erzählt. 2016 wird (wurde) Maulid an-Nabi am 11/12. Dezember 2016 gefeiert.

Weiter gibt es einige besondere Ereignisse der islamischen Geschichte, derer ebenfalls im Jahr gedacht wird, so zum Beispiel „die Nacht der Bestimmung“ (arabisch: Lailat al-Qadr) im Monat Ramadan in Erinnerung an den Beginn der Offenbarung des Korans oder Lailat al-Israʾ am 27. Radschab, die Nacht, in der Muhammad nach islamischer Überlieferung vom Erzengel Gabriel (arabisch: Dschibril) zur „Entfernten Moschee“ (al-Aqsa-Moschee in Jerusalem) und in den Himmel gebracht wurde.

Auch haben neuere islamische Strömungen wie die Ahmadiyya, die in den 1880er Jahren in Britisch-Indien von Mirza Ghulam Ahmad gegründet wurde, ihre eigenen Feste eingeführt, beispielsweise die Jalsa Salana, die zu Ehren Gottes und des Propheten gefeiert wird.

Kein Festtag im religiösen Sinn ist das islamische Neujahrsfest. Wenn auch nicht so groß wie Silvester in Europa feiern die Menschen in der islamisch geprägten Welt den ersten Tag des Kalenders auf unterschiedliche Weise.

Ebenfalls nicht vom Rang eines Festtages, aber dennoch von besonderer Bedeutung ist der Freitag einer jeden Woche, der für Muslime ähnlich wichtig ist wie der Sonntag für Christen oder der Schabbat für Juden. Am Freitag (arabisch: Jaum al-Dschumʿa) sind die muslimischen Männer verpflichtet, in der Moschee das Mittagsgebet zu verrichten und der Predigt zuzuhören. Aus diesem Grund bleiben in vielen islamischen Ländern am Freitagmittag die Geschäfte geschlossen.

(Stand: 17. Juni 2016)


 
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