Ist es schlimm, wenn man manche Regeln nicht beachtet?

Alle Religionen kennen verschiedene Ge- und Verbote, die das persönliche Leben wie auch das zwischenmenschliche Zusammensein regeln. Ihren Ursprung haben sie in heiligen Texten oder im Vorleben besonderer Menschen, zum Beispiel Propheten oder Heilige. Aber letztendlich sind die Regeln menschengemacht, denn im Laufe der Jahrhunderte wurden sie von einer Generation zur nächsten übermittelt und dabei auch immer wieder entsprechend der Gegebenheiten von Ort und Zeit verändert.

Manche Menschen leben nach den Regeln des Islam, andere nach denen des Buddhismus, des Christentums, des Judentums usw. Religion ist eine Glaubensfrage, die jeder Mensch für sich selbst beantworten muss. Dabei hat auch jeder die Möglichkeit zu entscheiden, welche religiösen Regeln er oder sie einhalten möchte. Niemand sollte sagen, dass nur die einen Regeln richtig sind und die anderen falsch. Es ist eine persönliche Entscheidung, was man glaubt und man kann nie sicher sein, was wahr und richtig ist.

Nach islamischem Verständnis ist es die Aufgabe eines jeden Gläubigen, ein gottgefälliges Leben zu führen. Mit der Scharia (arab.: Weg zur Wasserquelle), der islamischen Rechts- und Werteordnung, hat jeder Mensch einen Leitfaden zur Hand, der das Leben in sämtlichen Aspekten regelt – so die Theorie.

Die Realität sieht aber ganz anders aus, denn tatsächlich gibt es keine einheitliche Meinung darüber, was genau die Scharia beinhaltet. Manche beschränken sie auf die „Fünf Säulen des Islam“, andere weiten sie bis in die internationale Politik aus.

Da der Koran nur wenige Ge- und Verbote vorgibt und an manchen Stellen auch widersprüchlich oder schwer verständlich ist, diskutieren Muslime seit Muhammads Zeiten, was genau ein gottgefälliges Leben ausmacht. Die Meinungen darüber sind sehr verschieden. Einige behaupten von sich, sie würden „den wahren Islam“ kennen, etwa die Salafisten. Sie verbreiten eine Ideologie von Richtig und Falsch und Gut und Böse und können so bei manchen Musliminnen und Muslimen, die noch auf der Suche nach ihrem Glauben sind, unterschiedliche Gefühle auslösen: Einige bekommen Angst und sorgen sich um ihr Seelenheil im Jenseits, andere freuen sich über das klare Regelwerk und geben das eigenständige Denken auf.

Es ist aber sehr problematisch, wenn Menschen nur ihre Sicht der Dinge gelten lassen und die Einhaltung bestimmter Regeln mit Zwang und Gewalt erreichen wollen. Religionsfreiheit endet dort, wo die Freiheit anderer Menschen eingeschränkt wird. In einem demokratischen Land wie Deutschland dürfen alle Menschen ihre Religion ausleben, wie sie es möchten – so lange dabei gegen keine staatlichen Gesetze verstoßen wird.

(Stand: 6. Oktober 2020)


 
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