Dürfen Muslime Silvester feiern?

Das Fest zum Jahresende am 31. Dezember hat seinen Namen von Papst Silvester I., der an diesem Tag im Jahr 335 starb. Silvester ist damit namentlich und zeitlich in erster Linie christlich geprägt, auch wenn das Neujahrsfest kein Bestandteil des Kirchenjahres ist.
Die Bräuche an Silvester entstammen hingegen unterschiedlichen Traditionen. Das Abbrennen von Feuerwerk kannten schon die Germanen, um böse Geister zu vertreiben. Noch älter ist das Bleigießen; die alten Römer nutzten es als Orakel, um in die Zukunft zu schauen. Zu Neujahr sind in den Blumengeschäften Kleepflanzen mit einem Schornsteinfeger und einem Fliegenpilz als Glücksbringer zu kaufen. Kaum einer weiß heute noch, dass das Kleeblatt ursprünglich ein christliches Symbol ist; Eva soll es als Andenken aus dem Paradies mitgenommen haben, so dass ihm heute ein Stück des himmlischen Gartens anhaftet. Der dreiblättrige Klee symbolisiert die Dreifaltigkeit (Gott, Jesus, heiliger Geist), der vierblättrige repräsentiert das Kreuz und die Evangelien. Der Schornsteinfeger hingegen ist ein sehr junger Glücksbringer; er hat seinen Ursprung in deutschen Haushalten, wo nach der Kaminreinigung wieder gut gekocht werden konnte. Der Hintergrund des Fliegenpilzes als typisches Glückssymbol ist heute nicht mehr bekannt. Ebenso ist ungewiss, warum an Silvester mit Sekt und nicht mit einem anderen (nicht)alkoholischen Getränk angestoßen wird.
Silvester hat also – so zeigen die Beispiele – überhaupt nichts mit dem Islam zu tun. Der islamische Kalender richtet sich nach dem Mond und nicht wie der gregorianische nach der Sonne. Der 1. Januar ist damit auch nicht der erste Tag im islamischen Jahr, sondern der 1. Muharram. Dieser Tag verschiebt sich jährlich um 11 Tage nach hinten. Im Jahr 2014 findet er am 25. Oktober statt. Das Feiern des Jahreswechsels wird weder im Koran noch in der Sunna (Tradition des Propheten) angesprochen. Allerdings heißt es an verschiedenen Stellen, Muslime sollten nicht an den Festen Andersgläubiger teilnehmen. Einige Islamgelehrte haben daher Fatwas (arabisch: Rechtsempfehlungen) verfasst, die Muslimen die Teilnahme an Silvesterfeiern untersagen. Grund hierfür sind auch die vielen Bräuche wie Alkoholtrinken oder Glücksspiele – beides ist im traditionellen Islam verboten. Auch ist es nicht erlaubt, den nichtmuslimischen Nachbarn einen „guten Rutsch“ oder ein „frohes neues Jahr“ zu wünschen, so einige Gelehrte.
In Deutschland feiern dennoch viele Muslimas und Muslime mit ihren Familien und Freunden Silvester. Einige trinken dann auch Alkohol oder beteiligen sich am Bleigießen – einfach, weil dies Tradition des Landes ist, in dem sie wohnen. In manchen islamisch geprägten Ländern gibt es ebenfalls Silvesterfeiern, allerdings fallen sie sehr viel kleiner aus. Ausgelassene Partys, wie man sie in Deutschland kennt, finden vor allem in Hotels mit ausländischen Gästen oder in westlich geprägten Diskotheken statt.

(Stand: 9. Januar 2014)


 
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