Wie viel Prozent der Muslime in Deutschland sind Terroristen?

Die überwiegende Mehrheit der in Deutschland lebenden Musliminnen und Muslime hält sich an die Gesetze des Landes und fürchtet den Terror genauso wie es nichtmuslimische Menschen tun. Für sie ist der Islam eine Religion des Friedens. Gewalt, vor allem wenn sie sich gegen unschuldige zivile Personen richtet, ist ihrer Ansicht nach vollkommen unvereinbar mit ihrem Glauben. Das ist wichtig zu betonen, da durch die Medienberichterstattung in den vergangenen Jahren zu den vielen Krisenherden im Nahen und Mittleren Osten sowie zu den ausgeübten oder verhinderten Anschlägen in Europa der Eindruck entstehen kann, der Islam sei gewalttätiger als andere Religionen.

Und doch ist der islamistisch motivierte Terrorismus eine große Gefahr für Deutschland und die ganze Welt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet hierzulande Personen extremistischer Szenen und veröffentlicht regelmäßig Zahlen. Die aktuellsten stammen aus dem Verfassungsschutzbericht 2017. Hier teilt die Sicherheitsbehörde mit, dass 25.810 Islamistinnen und Islamisten in Deutschland leben. Diese Zahl ist umstritten, denn es ist unklar, nach welchen Kriterien sie erhoben wird, sprich: wer als Islamist oder Islamistin gilt. Die genannte Zahl entspricht ca. 0,57 Prozent der nach der aktuellsten Erhebung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge rund 4,5 Millionen Musliminnen und Muslime in Deutschland (Stand: 31.12.2015). Islamistinnen und Islamisten stellen demnach eine sehr kleine Minderheit innerhalb der Gruppe der Muslime in Deutschland dar.

Innerhalb des Islamismus gibt es verschiedene Ausprägungen. Die sogenannten puristischen Salafisten zum Beispiel leben nach den im Koran und in den anderen islamischen Quellen genannten Vorschriften. Diese nehmen sie wortwörtlich, d.h. sie interpretieren sie nicht und setzen sie nicht in einen historischen Kontext. Weiter gibt es die politischen Islamisten, die ein Staats- und Gesellschaftsmodell anstreben, in dem alles gemäß der Gesetze Gottes ausgerichtet ist. In dieser Gruppe befinden sich auch politisch orientierte Salafisten. Da puristische wie politische Salafistinnen und Salafisten undemokratische und antipluralistische Gesellschaftsvorstellungen haben, werden sie vom Verfassungsschutz beobachtet.

Viele islamistische Gruppierungen und Parteien lehnen Gewalt ab und einige beteiligen sich an demokratischen Prozessen. Islamisten sind also keinesfalls gleichzusetzen mit Terroristen. Die Gruppe der Islamistinnen und Islamisten, die Gewalt als legitimes Mittel erachten, um ihre politischen Ziele zu erreichen, nennt man Dschihadistinnen und Dschihadisten („Dschihad“ arab.: Anstrengung; heiliger Krieg). Diese Gruppe ist innerhalb des islamistischen Milieus eine Minderheit. Im Juli 2018 nannten die Sicherheitsbehörden die Zahl von 774 deutschen islamistischen „Gefährdern“, denen das Begehen schwerster Straftaten zugetraut wird. Von diesen befand sich zu diesem Zeitpunkt ein großer Teil im Ausland.

In den letzten Jahren sind mehr als 1.050 Dschihadistinnen und Dschihadisten aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak ausgereist. Etwa die Hälfte von ihnen nahm auf Seiten des „Islamischen Staats“, der al-Qaida oder ihnen nahestehenden sowie anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teil oder unterstützte diese in sonstiger Weise. Von ca. 200 aus Deutschland stammenden Dischihadistinnen und Dschihadisten ist bekannt, dass sie in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen sind.

Die meisten ausgereisten Personen sind männlich und unter 30 Jahre alt. Etwa ein Drittel dieser Personen befindet sich momentan wieder in Deutschland. Zu über 110 der Rückkehrerinnen und Rückkehrer liegen den Sicherheitsbehörden Erkenntnisse vor, wonach sie sich aktiv an Kämpfen in Syrien oder im Irak beteiligt oder hierfür eine Ausbildung absolviert haben. Gegen sie wird polizeilich ermittelt bzw. sie wurden verurteilt und sitzen in Haft. Sie gelten als eine Bedrohung für den Frieden, da befürchtet wird, dass sie in Deutschland oder anderen Ländern Terroranschläge verüben könnten.

Die Sicherheitsbehörden warnen davor, dass zukünftig weiter Einzelpersonen vom „Islamischen Staat“ nach Deutschland geschickt werden, um hier Anschläge durchzuführen. Weiter verweisen sie darauf, dass vor allem junge Menschen auf der Suche nach Spiritualität und Gemeinschaft im Internet mit extremistischen Inhalten in Berührung kommen, sich im Kontakt mit anderen Islamistinnen und Islamisten radikalisieren und auch ohne Auftrag einer terroristischen Gruppe einen „individuellen Dschihad“ führen.

(Stand: 8. Februar 2019)


 
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