Wie hat sich der Islam verbreitet, zum Beispiel bis nach Indonesien?

Der Prophet Muhammad schloss mit lokalen Herrschern auf der arabischen Halbinsel Verträge ab, in deren Folge die Angehörigen der Stämme muslimisch wurden, oder er führte Schlachten gegen Aufständische und Andersgläubige, die anschließend der islamischen Herrschaft unterworfen wurden. Bis zu seinem Tod im Jahr 632 n. Chr. war schließlich ein Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner der arabischen Halbinsel muslimisch. Danach fielen jedoch innerhalb kürzester Zeit viele Menschen vom Islam ab (arabisch: ridda). Sie kannten den neuen Glauben mit seinen Ge- und Verboten und den Vorstellungen von Gott und der Welt nur wenig und fühlten sich Muhammad allein als politischem Führer und nicht als Religionsstifter verbunden.
Der erste Kalif Abu Bakr (ca. 573-634) unterwarf die Abtrünnigen militärisch und band sie so mit Gewalt an die muslimische Gemeinde (arabisch: umma). Die raschen Erfolge ermutigten die Muslime, über die Grenzen der arabischen Halbinsel hinaus in die Herrschaftsgebiete der damaligen angrenzenden Großmächte vorzustoßen, dem Byzantinischen Reich rund um das Mittelmeer und dem Sassanidenreich in Asien.
638 und 640 n. Chr. fielen mit Jerusalem und Caesarea die letzten bedeutenden Städte in Palästina. Die heutigen Länder Israel, Libanon, Syrien und Jordanien waren damit islamisiert, zwei Jahre später war auch ganz Ägypten eingenommen. Damit endete die Vorherrschaft des Christentums im Nahen Osten. Konstantinopel, die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches, fiel jedoch trotz mehrfacher Belagerung erst 1453 nach Angriffen der Osmanen. Die Araber nahmen zügig ganz Nordafrika ein und drangen ab 711 bis nach Spanien, Portugal und sogar in Teile von Italien und Frankreich vor. Zeitgleich stießen die arabischen Reiter nach Osten vor. 639 war Mesopotamien (vor allem Irak) eingenommen, einige Jahre später auch Persien. 712 befanden sich die arabischen Reiter bereits an den Grenzen Chinas und Indiens.
Die Gründe für die sehr schnellen Eroberungszüge durch die arabischen Reiterscharen sind vielfach: Die Muslime fühlten sich offenbar durch den neuen Glauben bestärkt und waren dadurch besonders motiviert und mutig. Die byzantinischen und sassanidischen Kämpfer hingegen waren infolge vieler vorangegangener Kriege müde und erschöpft. Auch wenn sie in Zahl und Ausstattung überlegen waren, konnten sie den flinken Reiterscharen nur wenig entgegensetzen. Weiter waren beide Großreiche von inneren Machtkämpfen zerrüttet. Die Bevölkerung war ihren bisherigen Herrschern nur noch wenig loyal gegenüber eingestellt, in einigen Regionen kam es sogar zu Revolten gegen die herrschende Schicht. Insbesondere die byzantinische Verwaltung wies nur schwache Strukturen in den Regionen auf, oft erinnerte allein der brutale Steuereintreiber den einfachen Untertanen daran, wer die Macht in den Händen hielt. Die Araber hingegen verlangten (zunächst) nur niedrige Steuern, auch hielten sie sich offenbar mit Plünderungen eroberter Städte weitgehend zurück und erlaubten Christen, Juden und Zoroastriern (sehr alte Religion in Persien) die freie Religionsausübung. Die Behauptung, wie sie von Seiten einiger Muslime, aber auch der Wissenschaft öfters aufgestellt wird, die Menschen hätten begeistert die neue Religion und die neuen Machthaber empfangen, ist jedoch so pauschal falsch, denn in vielen Städten kam es auch zu heftigen Widerstandshandlungen.
Die Zahl der Übertritte zum Islam in der Bevölkerung war zunächst sehr niedrig, da ein Religionswechsel kaum soziale Vorteile brachte. Allein die islamische Religionszugehörigkeit reichte zum Beispiel nicht aus, um im neuen System Beamter zu werden. Erst als auch Nichtaraber hohe Ämter bekleiden und Karriere machen konnten, konvertierten zunächst die Oberschicht und anschließend auch größere Teile der Bevölkerung. Zudem verschärften sich allmählich die Regelungen gegenüber anderen Religionen. Nichtmuslime mussten eine Kopfsteuer (arabisch: dschizya) entrichten, durften keine neuen Gotteshäuser bauen, das Tragen von Waffen war ihnen verboten, und spezielle Kleidung kennzeichnete sie als Nichtmuslime. Diesen Status nannte man Dhimma. Hielten sich die Nichtmuslime an die Vorgaben, genossen sie als „Schutzbefohlene“ (arabisch: ahl adh-dhimma) weitgehend ähnliche Rechte und Pflichten wie Muslime bzw. durften nach ihrem eigenen Religionsgesetz leben.
Die arabische Eroberungswelle ebbte erst Hunderte Jahre nach ihrem Beginn ab. So erfuhren die Muslime während der Kreuzzüge (11. bis 13. Jahrhundert) empfindliche Niederlagen an den äußersten Bereichen ihres Machtimperiums, da alle Kraft auf die Verteidigung der heiligen Stätten in Palästina gerichtet werden musste. Bis 1492 vertrieben christliche Könige die Muslime auch endgültig von der Iberischen Halbinsel (Reconquista).
Nicht alle Länder wurden durch Eroberungen oder gar Gewalt islamisiert. Mit größerem zeitlichen und örtlichen Abstand von Muhammads Leben in Mekka und Medina spielte – und spielt bis heute – die Mission von Mensch zu Mensch eine bedeutendere Rolle. In Indonesien zum Beispiel verbreitete sich der Islam allmählich ab dem 11. Jahrhundert durch muslimische Kaufleute, die für die neue Religion warben. In den folgenden Jahrhunderten traten immer wieder Könige zum Islam über, die Folge war auch eine Konversion der Bevölkerung. Mittlerweile ist Indonesien zu dem Land mit der zahlenmäßig größten muslimischen Bevölkerung herangewachsen.

(Stand: 7. März 2014)


 

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