Gibt es in Deutschland Schulen, die muslimische Kinder nicht aufnehmen?

Öffentliche Schulen dürfen Kinder nicht aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ablehnen. Private und sogenannte bekenntnisorientierte, also religiöse Schulen können unter bestimmten Bedingungen selbst entscheiden, wer ihre Einrichtung besuchen darf, auch wenn sie aus staatlichen Geldern finanziert werden. Zwar ist der Besuch muslimischer Schülerinnen und Schüler an christlichen Schulen gelebte Realität, doch dürfen diese auch mit Verweis auf die bekenntnisfremde Religion abgelehnt werden. Diese Regelung wendet sich nicht allein gegen Musliminnen und Muslime, sondern bezieht sich grundsätzlich auf alle Menschen, die nicht christlich getauft sind.

In der Vergangenheit kam es insbesondere in Nordrhein-Westfalen zu Ablehnungen von musli-mischen bzw. nicht-christlichen Kindern. In Nordrhein-Westfalen ist nämlich jede dritte Schule eine bekenntnisorientierte Einrichtung. Das stammt noch aus der Zeit, als das Land überwie-gend katholisch war und kaum Menschen anderer Religionen hier lebten. Heute ist Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit dem höchsten muslimischen Bevölkerungsanteil überhaupt; auch sind viele Menschen gar nicht mehr religiös gebunden oder ganz anderen Glaubens.

In den letzten Jahren haben immer wieder Eltern geklagt, wenn ihr Kind an einer Schule in der Nachbarschaft abgelehnt wurde. Verschiedene Gerichte haben dazu Urteile gefällt, die immer wieder bestätigten, dass die bekenntnisorientierten Schulen so handeln dürfen, wenn auch unter bestimmten Bedingungen. Einem Urteil zufolge kann das Kind abgelehnt werden, wenn die Eltern das Mitwirken an bestimmten Unterrichtseinheiten oder Schulprojekten aufgrund des eigenen Glaubens zu verweigern beabsichtigen, beispielsweise den Religionsunterricht oder den Besuch des Gottesdienstes. Ein anderes nennt die Religionszughörigkeit als den wichtigsten Entscheidungsfaktor, welche Kinder angenommen bzw. abgelehnt werden, wenn es zu viele Bewerbungen an einer Schule gibt. 2017 schließlich entschied das Bundesverwaltungsgericht: Demnach sollen bekenntnisorientierte Schulen, auch wenn sie staatlich getragen und finanziert werden, getaufte Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte unterrichten und erziehen; Kinder anderer Religionen dürfen abgewiesen werden.

Viele Menschen sind der Meinung, dass das auch richtig so ist. Sie wünschen eine christliche Umgebung für ihre Kinder, damit sie früh in den Glauben hineinwachsen. Andere meinen, dass dies eine Diskriminierung Andersgläubiger sei. Es gibt nämlich umgekehrt kaum islamische Schulen in Deutschland und mancherorts mangelt es sogar an Plätzen an weltlichen Schulen. Hier kann muslimischen Kindern und deren Eltern tatsächlich ein großer Nachteil entstehen.

Mittlerweile haben sich Initiativen gebildet, um bekenntnisorientierte Schulen in freie Gemeinschaftsschulen, die offen für alle in der Nachbarschaft sind, umzuwandeln. Bisher konnten sie sich aber nicht durchsetzen. Auch das Schulministerium in Nordrhein-Westfalen hat verfügt, dass die Aufnahme von Kindern anderer Religionen erfolgen sollte, „wenn eine öffentliche Schule nicht besteht oder nur bei Inkaufnahme eines unzumutbaren Schulweges erreichbar ist“.

(Stand: 7. Januar 2021)


 

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